IndymediaRazzia bei Radio Dreyeckland war rechtswidrig

Die Hausdurchsuchungen gegen den Freiburger Radiosender wegen Setzen eines Links auf das Archiv der verbotenen Plattform linksunten.indymedia.org waren rechtswidrig. Der Sender spricht von einer „juristischen Ohrfeige“ für die Staatsanwaltschaft Karlsruhe.

Polizist in den Räumen des Senders.
Die Polizei durchsuchte die Räume des Radiosenders. – Alle Rechte vorbehalten Radio Dreyeckland

Das Karlsruher Landgericht hat mit Beschluss vom 22. August letztinstanzlich entschieden, dass die Hausdurchsuchungen bei Radio Dreyeckland (RDL) rechtswidrig waren. Das berichten heute der Radiosender selbst sowie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Die Polizei Freiburg hatte am 17. Januar dieses Jahres im Auftrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe Räume des Freiburger Radiosenders „Radio Dreyeckland“ und zwei Privatwohnungen durchsucht. Dabei wurden auch Datenträger wie Laptops und Smartphones beschlagnahmt. Laut Polizei habe es den Verdacht auf einen Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot (§ 85 StGB) gegeben. Anlass war, dass der Sender in einem Artikel einen Link auf das Archiv von linksunten.indymedia.org gesetzt hatte. Die Website war 2017 durch den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière verboten worden.

Unverhältnismäßige Durchsuchungen

Das Landgericht Karlsruhe sah nun laut Darstellung der GFF durch die Durchsuchungen und die Beschlagnahme von Laptops mehrere Grundrechte wie die Rundfunkfreiheit verletzt. Das Landgericht warnt laut der Bürgerrechtsorganisation in seiner Begründung selbst davor, dass die unverhältnismäßigen Durchsuchungen unter Verletzung des Redaktionsgeheimnisses eine erhebliche einschüchternde Wirkung haben können. Redaktionsmitglieder würden sich in Zukunft womöglich zweimal überlegen, ob sie über staatliche Angelegenheiten kritisch berichten. Die Durchsuchungen in den Privatwohnungen der Redakteure hätten außerdem gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung verstoßen.

„Die Freiheit der Medien ist – ebenso wie die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit – schlechthin konstituierend für die freiheitliche demokratische Grundordnung“, führt das Landgericht laut RDL in seinem Beschluss aus. Der Beschluss selbst ist noch nicht öffentlich.

„Die Staatsanwaltschaft hat bei den Durchsuchungen die Rundfunkfreiheit völlig außer Acht gelassen – ein rechtsstaatliches Armutszeugnis“, sagt David Werdermann von der GFF. „Dieses rabiate Vorgehen sendet fatale Signale – die auch die erfreuliche Gerichtsentscheidung zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungen nicht rückgängig machen kann.“

Strafverfahren gegen Redakteur geht weiter

Unabhängig von der jetzigen Entscheidung des Landgerichts und der Vorgabe, dass alle gespeicherten Daten der Journalist:innen gelöscht werden müssen, geht das Strafverfahren gegen Fabian Kienert weiter. Der Redakteur hatte den fraglichen Artikel geschrieben. Dessen Rechtsanwältin Angela Furmaniak zeigt sich laut Radio Dreyeckland zuversichtlich, dass dieses Verfahren mit einem Freispruch enden wird: „Alles andere wäre mit dem Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit nicht vereinbar.“

7 Ergänzungen

  1. Letzlich ist es zwar sehr schön, dass diese Durchsuchung nach langer Zeit endlich und endgültig als rechtswidrig abgeurteilt wurde.
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    Dennoch interessiert das die ein oder andere Behörde/Staatsanwaltschaft herzlich wenig, weil es
    a) ziemlich lange dauert, bis die Aktivität (vielleicht mal) geahndet wird
    b) es für die Personen, die das veranlassten, es nicht wirklich ernsthafte Konsequenzen hat
    c) die Einschüchterung somit ‚wunderbar‘ funktioniert.
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    Ergo: Es wird sich nicht wesentlich was an der Praxis ändern. Ziel erreicht!

  2. Und was passiert dem leitenden Staatsanwalt? Der wird nach einiger Zeit still und heimlich BEFÖRDERT! So einen kreativen Menschen braucht man doch gegen den Pöbel …

  3. Tempora mutantur.

    Früher war Legal – illegal – Scheißegal der Schlachtruf der Chaoten, heute ist es das Motto von Vertretern des Staates, die eigentlich geschworen haben, das Grundgesetz zu achten und zum Wohle des deutsches Volkes aktiv zu sein.

  4. Schade nur daß eine dermaßen falsche und völlig übergriffige Maßnahme keinerlei Konsequenzen für die jenigen haben wird die das zu verantworten haben. Von daher wird sowas immer wieder passieren zumal es null Konsequenzen hat.

  5. Und heute wieder aus Bayern: Präventivhaft rechtzeitig zur Mobilitätsmesse!

    Diese Maßnahmen treffen nur „die Dummen“, andere auch, soweit so gut. Aber symbolisch ein paar Leute einsperren, ist eigentlich schon konzeptionell Mittelalter. Hier zeigt sich in aller Nacktheit und Hässlichlichkeit, wie speziell in Bayern, in besonderer Weise, die politische Opportunität in die Strafverfolgung hinüberschwappt, weil wir dem nicht genügend Grenzen gesetzt haben.

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